Der Ausschuss für Kultur und Medien des Deutschen Bundestages befasste sich in einem öffentlichen Fachgespräch am Mittwoch, den 14. Dezember 2022, mit der sozialen Lage von Künstler:innen. Vertreter:innen der Kulturbranche und der Gewerkschaften fordern höhere Honorare und Gehälter für Künstler, ein übersichtlicheres Sozialsystem und Reformen beim Urheberrecht.
Expert:innen: Lage von Künstlern in Deutschland ist prekär
Lisa Basten von der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und Olaf Zimmermann vom Deutschen Kulturrat wiesen darauf hin, dass die soziale Lage von Künstlern in Deutschland nicht erst seit der Corona-Pandemie höchst prekär sei. Die Kultur sei auch außerhalb der Krise in der Krise, sagte Zimmermann. „Die Probleme sind seit Jahrzehnten bekannt“, sagte Basten. Die gezahlten Gehälter und Honorare seien deutlich zu niedrig und die soziale Absicherung unzureichend. Zimmermann bezifferte das aktuelle jährliche Durchschnittseinkommen von in der Künstlersozialkasse versicherten freischaffenden Künstlern im Musikbereich auf 14.000 Euro und im Wortbereich auf 23.000 Euro. Dieser Einschätzung schloss sich auch Cilgia Gadola vom Bundesverband Freie Darstellende Künste an. Vor allem freischaffende Künstler würden im Bereich der „Selbstausbeutung“ arbeiten.
Basten, Zimmermann und Gadola sprachen sich vehement für angemessene Mindesthonorare aus, wenn Künstler von der öffentlichen Hand beauftragt werden. Bei Honoraren müssten alle Phasen des künstlerischen Schaffens berücksichtigt werden und nicht nur das, was der Zuschauer sieht. Solche Mindesthonorare müssten für alle Ebenen der öffentlichen Hand gelten, für Bund, Länder und Kommunen, forderte Basten. Um dies zu finanzieren, müssten allerdings auch die Kulturetats der öffentlichen Hand erhöht werden, führte Zimmermann aus. Wenn höhere Honorare und Gehälter dazu führten, dass Projekte nicht mehr finanzierbar seien, sei dies zwar „zutiefst bedauerlich“, aber es müsse zu einem Umschwung bei der Bezahlung kommen.
„Die Spannungsfelder, die die soziale Lage von Künstler*innen prägen, sind seit vielen Jahren bekannt – sie wurden durch die Pandemie deutlicher sichtbar, und die aktuellen Preissteigerungen werden sie brutal sichtbar halten, doch es sind dieselben seit vielen Jahrzehnten: Die Einkommen von selbstständigen Kulturschaffenden sind zu niedrig.“ Lisa Basten, Bereichsleiterin Kunst und Kultur in ver.di
Kulturförderung, die größte Einkommensquelle von Künstler:innen und Kulturschaffenden, ist instabil und unterfinanziert.
Die sozialen Absicherungssysteme sind auf die vielfältigen Erwerbsrealitäten von Künstler:innen, die sich nicht auf das Normalarbeitsverhältnis einerseits und das Normalunternehmertum andererseits reduzieren lassen, nicht ausgerichtet.
Für faire Entlohnung: Berechnungsmodell von Basishonoraren
Für eine faire Entlohnung in der Kunst und Kultur hat die Gewerkschaft ver.di ein transparentes Modell zur Berechnung von Basishonoraren entwickelt. Ziel ist ihre verbindliche Verankerung in Förderrichtlinien. Das Modell orientiert sich am Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst. Das Berechnungsmodell stellt ver.di in dieser Präsentation vor und liefert dazu viele Beispielhonorare sowie weitere Informationen zum Thema.
Hier findet Ihr die ver.di-Präsentation des Berechnungsmodells von Basishonoraren zum Download.
Katharina Uppenbrink von der Initiative Urheberrecht forderte im öffentlichen Fachgespräch des Ausschusses deutliche Verbesserungen beim Urheberrecht und beim Urhebervertragsrecht. Das Urheberrecht sei die Existenzgrundlage für die Künstler, dort müsse für eine angemessene Vergütung ihrer Arbeit gesorgt werden. Nachbesserungsbedarf sieht Uppenbrink vor allem im digitalen Bereich. Dieser nehme eine immer größere Bedeutung für die künstlerische Arbeit ein, gleichzeitig sei aber gerade dort die Vergütung deutlich schlechter.