Wie lassen sich Freiräume auf dem Land als Inkubatoren für Innovation und Co-Kreation von Produkten, Dienstleistungen, Geschäftsmodellen nutzen? Beim KreativLab in Nieklitz kamen rund 40 ErfahrungsträgerInnen aus Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Schleswig-Holstein, Hamburg und Berlin zusammen, um die Gründe für den überregionalen Trend zur kreativen Stadtflucht zu ermitteln und gemeinsam Strategien zu entwickeln, wie die „kreativen RegionalentwicklerInnen“ auf dem Land unterstützt werden können.
KreativLab am 5.9.2019
WO? Wir bauen Zukunft eG / Ecosphäre e.V. | Holzkruger Str. 1 | 19258 Nieklitz (Gallin)
Erfolgsfaktoren für Urbane Dörfer
In Brandenburg sprießen produktive Kreativcluster auf dem Land allerorten aus dem Boden. Silvia Hennig , Gründerin von neuland21 , stellte die neue Studie „Urbane Dörfer – wie digitales Arbeiten Städter aufs Land bringen kann “ vor, herausgegeben von neuland21 und dem Berlin Institut für Bevölkerung und Entwicklung:
Kreative Stadtflüchtende haben einen hohen Bildungsstand (überwiegend AkademikerInnen)
Sie sind überwiegend freiberuflich und selbständig, bevorzugen flexible Arbeitszeiten und sind digitale Kopfarbeiter mit einem Faible für handwerkliche und gärtnerische Tätigkeiten („work-work-ballance“)
Sie suchen auf dem Land vor allem Ruhe, Schönheit und Freiraum.
Sie bevorzugen Altbauten, die sie eigenständig renovieren. Es gibt derzeit noch zu wenig Plattformen, die geeignete Altbauten vermitteln.
Um noch mehr kreative StadtbewohnerInnen aufs Land zu ziehen, sind Kreativcluster (Wohnen und Arbeiten) entscheidend: Sie nehmen den potenziellen Stadtflüchtenden die Furcht vor der sozialen Isolation auf dem Land. Sie merken: Hier gibt es Gleichgesinnte!
Die Pioniere bilden zunehmend Netzwerke und Foren, die Informationen teilen und durch Meetups Nachkommende anziehen. Grundregel: Menschen ziehen Menschen an!
Die Kreativcluster schaffen neue Angebote, Infrastrukturen und Mobilität.
Um die Orientierung über kommunale Strukturen zu erleichtern, sind Ämterkonferenzen hilfreich, die über Bauauflagen, AnsprechpartnerInnen, Fördermittel etc informieren.
Um den Start neuer Unternehmungen und Geschäftsmodelle zu erleichtern, sollten unbürokratische Förderinstrumente geschaffen werden.
Instrumente zur Ansiedlung von Kreativwirtschaft im ländlichen Raum
In einer Fishbowl-Runde und in Projektpräsentationen wurden weitere Instrumente vorgestellt, die geeignet sind, den Trend zur kreativen Landbesiedlung zu verstärken:
Links zu den Projektpräsentationen und weiterführenden Informationen:
Metropolregion Hamburg
In der Metropolregion Hamburg ist der Trend zur kreativen Stadtflucht – abgesehen vom Wendland – noch nicht so stark entwickelt. Ein neuer Datenbericht zur Kultur- und Kreativwirtschaft in der Metropolregion gibt folgende Handlungsempfehlungen für ländliche Räume:
Bereitstellung alternativer Fördermöglichkeiten für Gründungs- und Innovationsvorhaben
Sichtbarkeit der lokalen Beratungsangebote von Wirtschaftsförderungen und sonstigen Institutionen durch geeignete Kommunikationsmaßnahmen erhöhen
Austausch zwischen den lokalen Akteuren stärken (Vernetzung)
Strategieentwicklung zur Nutzung von Leerständen in ländlichen Räumen durch Kreative (zB Coworking Spaces, Arbeitsstipendien)
ÖPNV-Anbindung, digitale Infrastruktur und Betreuungsangebote verbessern
Marketing der Kreativwirtschaft als weicher Standortfaktor stärken: Einfluss kreativer Orte auf Stadtbild und -entwicklung, Lebensqualität
Prototypen
In drei Workshops beim KreativLab in Nieklitz wurden Prototypen entwickelt, die für das Gelände von „Wir bauen Zukunft“ mit dem bereits vorhandenen Potenzial an kreativen Akteuren und Kompetenzen passt:
Makerspace als Ort der Vernetzung, Fortbildung (ökologisches Bauen und Energieberatung) und gemeinsamer Nutzung der Maschinen für regionale Handwerker und Hobbybastler
Co Working Space für temporär arbeitende digitalen Nomaden und Back Office für ortsansässige Handwerker und andere KMU
Summer of Pioneers zur schnellen Aktivierung „kreativer Einsteiger“ im ländlichen Raum
Landesstrategie Kreative MV
Die Kreative MV – Landesnetzwerk für Kultur- und Kreativwirtschaft – führt das Themenfeld in mehreren Projekten weiter: Präsentation Landesstrategie Frei.Raum.MV
Wirtschaftsförderung 4.0: Strategie- und Kampagnenkonzept in Kooperation mit den Wirtschaftsförderern in Westmecklenburg
Frei.Raum.MV I: KreativLabs zur kooperativen Quartiersentwicklung und Vernetzung von Kommunen und ansässigen Kreativschaffenden
Frei.Raum.MV II: Kommunale Beratung zur kooperativen Quartiersentwicklung – Immobilienangebote, Nutzungskonzepte, zielgruppenspezifisches Standortmarketing
Überregionaler Wissenstransfer:Peripher und ganz zentral – Kreativwirtschaft im ländlichen Raum , Jahreskonferenz Kultur- und Kreativwirtschaft in Deutschland am 24. und 25.09.2019 in Röslau im Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge; Panels u.a. zu „Wie tickt KKW im ländlichen Raum“ / „Coworking im ländlichen Raum“
Mitwirkende und Links:
Silvia Hennig – Gründerin von neuland21 und Autorin des Praxisleitfadens Co Working Spaces auf dem Land
Andreas Crimmann, Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit Mecklenburg-Vorpommern, Leiter des Referats Arbeitsmarktpolitik
Eleonore Harmel, Mitgründerin des Büros „studio amore “ und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Thünen-Institut für Regionalentwicklung, Mitautorin des Buches „Ländliche Verheißung, Arbeits- und Lebensprojekte rund um Berlin “
Philipp Dudek und Soenke Schierer, Netzfeld
Auréle Haupt, Mitgründer Wir bauen Zukunft, und Raumkollektiv , energieeffizientes Bauen, Projektentwickler des Makerspace in Nieklitz
Gudrun Neuper, Vorständin der Heinrich-Böll-Stiftung Schleswig-Holstein, Genossin bei CoWorkLand
Gastgeberinnen:
Ortserkundung:
Bei WIR BAUEN ZUKUNFT entstehen auf einem 10 ha großen, ehemaligen botanischen Garten ein Coworking Space und FabLab als „New Work Village“ und Innovations-HUB mit Seminarhaus, Gemeinschafts-Gastroküche und Platz für Tiny Homes: temporäres, agiles und mobiles Leben & Arbeiten auf dem Land für Firmen und Projektteams, Remote Worker und Ideenentwickler.
Text: Corinna Hesse, Fotos: Antje Hinz